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Die Stadt Staßfurt
Bode, Horst und
Schütz - ein
geschichtlicher Abriss



Völlig unspektakulär, wie auf dem linken Bild zu sehen, welches die Bode von der Bodebrücke Steinstraße flussabwärts in Richtung Eisenbahnbrücke zeigt, fließt die Bode heute mitten durch die Stadt Staßfurt, doch das war nicht immer so. In vergangenen Zeiten wurde der Fluss an mehreren Abschnitten reguliert und dabei ihm oft auch die nötigen Überflutungsflächen genommen. Auf alten Darstellungen aus der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts ist zu sehen, dass die Bode schon damals in zwei Armen durch die Stadt floss, um sich an der Stelle der heutigen Bodebrücke Steinstraße zu vereinen. Hier war seit Jahrhunderten der Standort einer Wassermühle. Das Gelände des jetzigen Neumarktes bis etwa zum Krankenhaus lag damals um einiges tiefer, sodass diese Flächen bei Hochwasser überschwemmt wurden. Die heutige Steinstraße verlief dabei sogar auf einem gemauerten Damm, um die Verbindung über die damals schon existierende Bodebrücke auch bei hohem Wasserstand zwischen Alt Staßfurt und der Stadt Staßfurt zu gewährleisten. Der heutige sogenannte Postparkplatz und sogar das ehemalige Postgebäude befinden sich auf dem einstigen Ratsteich, welcher in einer Senke zur Versorgung mit Fisch angelegt worden ist. Dieser Teich hatte mit der Bode eine Verbindung durch einen überwölbten, gemauerten Kanal. Mitte des neunzehnten Jahrhunderts begannen Ausbauarbeiten an der Wassermühle, so wurde unter anderem der Mühlgraben von der Mühle flussabwarts bis in Höhe des heutigen Krankenhauses verlängert, dabei leitete man ihn durch den Ratsteich. Im übrigen befand sich ein Stadttor als nördlicher Ausgang der Stadt in der Nähe, welches dadurch passenderweise den Namen Wassertor erhielt. Noch heute erinnert an dieser Stelle der Name der Wassertorstraße daran. Mit dem Bau des Postgebäudes um 1900 wurde der Ratsteich bis auf einen Rest verfüllt, diesen nutzten die Staßfurter als Pferdeschwemme. Mitte der 1970-er Jahre kam es zum Zuschütten dieses Gewässers mitsamt des gesamten Mühlgrabens im heutigen Stadtgebiet. Von den ehemaligen Gegebenheiten ist heute kaum noch etwas zu erkennen, lediglich einige Grünanlagen im Bereich des zugeschütteten Mühlgrabens sowie eine leichte Senke in der Gegend der Wasserstorstraße und des Postgebäudes lassen des damaligen Ratsteich erahnen. Die heutige Bodebrücke in der Steinstraße markiert den jahrhundertelangen Standort einer festen Flussquerung, wohl schon um 1200 wird es dort eine Brücke, vermutlich eine Holzbrücke, gegeben haben. Im sechzehnten Jahrhundert wird eine Steinbrücke erwähnt, die vorletzte Brücke ist 1885 als steinerne Gewölbebrücke errichtet und 1938 durch einen Anbau verbreitert worden, ehe im Jahr 2013 der Abriss dieser erfolgte und die nun existierende Bodebrücke entstand. Bei der erwähnten Verbreiterung der Bodebrücke im Jahre 1938 fand man bei Aushubarbeiten im Flussbett mit Eisenspitzen beschlagene Eichenholzpfähle, welche einer Holzbrücke zugeschrieben wurden, die sich also bereits vor den Steinbrücken vor Jahrhunderten dort befand. Deshalb beobachtete ich bei den Bauarbeiten für die neue Bodebrücke im Jahre 2013 sehr genau die Aushubarbeiten und fand tatsächlich noch ein Exemplar dieser Pfähle, welches auf den beiden folgenden Fotos zu sehen ist. Die daran noch vorhandene Eisenspitze ist bereits abhanden gekommen. Der von mir informierte Oberbürgermeister kümmerte sich um die Bergung und Aufbewahrung dieses Fundes.




Westlich des Neumarktes jedoch ist die Natur eher unberührt geblieben, die immer wiederkehrenden Hochwasser und damit Überschwemmungen lassen den Bereich der sumpfigen Bruchwiesen bis in unsere Tage weitgehend im natürlichen Zustand. Daran schließt sich heute das kleine Waldgebiet namens "Horst" an, dieser Name bedeutet übrigens eine von Gebüsch und Strauchwerk bewachsene, leichte Anhöhe über sonst sumpfigem Gebiet. Bis zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts sah dieses Gebiet wohl tatsächlich so aus, denn die Salzsiederei ließ keinen Baum in und um Staßfurt übrig, weil enorme Mengen an Holz als Brennmatirial benötigt wurden. Erst die Entdeckung und Förderung der Braunkohle im Raum Staßfurt machte die Nutzung von Holz überflüssig. Bis in unsere Tage ist in und um Staßfurt kaum ein Baum zu finden, der älter als zweihundert Jahre ist. Der Familie Bennecke ist es zu verdanken, dass heute der kleine Wald, den wir nun Horst nennen, enstanden ist. Sie ließ ihn als Park im Jahre 1885 anpflanzen. Überwiegend sind es Laubbäume wie Eiche, Buche, Esche Birke und Pappeln, aber auch einige Fichten waren zu finden, die jedoch mit dem Klimawandel nun weitgehend abgestorben sind. Das Gebiet der heutigen Horst wird von Bode und Mühlgraben eingefasst, doch das war nicht immer so, die Bode erfuhr gerade in diesem Bereich eine größere Veränderung, die aber auch heute noch zu sehen ist.




Auf der linken Karte ist der heutige Verlauf von Bode und Mühlgraben sowie das jetzige Wegenetz dargestellt, die rechte Karte zeigt den ursprünglichen Flusslauf. Die in der rechten Karte eingezeichneten Straßen und Wege dienen lediglich der Orientierung und waren damals nicht vorhanden. Im Zusammenhang mit dem Ausbau der Wassermühle im Stadtgebiet Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wurde ein neues Bodewehr errichtet. Es muss schon jahrhunderte lang die Bode aufgestaut worden sein, um die nötige Wasserkraft zum Antrieb der Mühle zu erhalten, da das natürliche Gefälle hier nicht ausreichend ist. Die Geiss'sche Chronik berichtet von einem schweren Hochwasser im Jahre 1830, welches beide Mühlenschütze, und zwar jenes bei der Mühle und das andere "oberhalb Alt Staßfurts nach Löderburg" zerstörte. Dieses Schütz könnte sich in dem Bereich, der heute als großer Teich vom ehemaligen Bodelauf übriggeblieben ist, befunden haben. Wahrscheinlich wird es sich um ein sogenanntes Nadelwehr gehandelt haben, bei welchen das Wasser durch senkrecht im Wasser an einer Querkonstruktion angelehnte Bretter aufgestaut wurde. Von dieser vermutlich hölzernen Konstruktion ist heute nichts mehr zu sehen. Das heutige Wehr wurde in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts als Schützentafelwehr zunächst trockenen Fußes errichtet, anschließend verlegte man die Bode in ein neues Bett, wo sie nun über das Wehr fließt. Der entstandene Altarm verblieb als ein duch Aufschüttungen an seinen Enden von den Fließgewässern abgeschnittener Teich. Es ist das als großer Teich beschriebene, auf der linken Karte zu sehende Gewässer, welches jedoch in den letzten Jahren zusehends verlandet. Noch in den 1950-er Jahren soll er sehr fischreich gewesen sein.



Auf den obigen Bildern ist dieser ehemalige Bodelauf zu sehen. Im Sommer trocknet er inzwischen immer öfter fast vollständig aus. Das letzte Bild zeigt ihn bei Hochwasser, dann ist deutlich an den Konturen wie der Breite zu erkennen, dass es der einstmalige Bodelauf war. Irgendwo in diesem Bereich muss das frühere, in der Geiss'schen Chronik erwähnte Schütz gewesen sein.

Etwas weiter westlich findet sich in der Horst noch ein weiterer Teich, welcher nun ebenfalls zum Verlanden verurteilt ist. Dieser wird wohl im Zusammenhang mit dem Anpflanzen der Parkanlage durch die Familie Bennecke künstlich entstanden sein, da er einst fast quadratisch war und nur eine geringe Tiefe besaß. Es ist aber möglich, dass er in einer natürlichen Senke, vielleicht sogar einem sehr alten, ehemaligen Bodearm oder einem Kolk, welcher durch Hochwasser entstand, angelegt worden ist, denn bei Hochwasser zieht sich eine wassergefüllte lange Senke in östliche Richtung. Ansonsten ist gerade dieses Gebiet der Horst etwas höher und wird kaum bei Hochwasser überschwemmt.



Diese Aufnahmen zeigen das in der Karte als kleinen Teich bezeichnete Gewässer. Er fällt im Sommer inzwischen bis auf ein Sumpfloch trocken, die nördliche Hälfte ist bereits von Vegetation zugewachsen. Auf der östlichen Seite, wo sich die erwähnte Senke anschließt, ragt ein Eisenpflock aus dem Boden, welcher auf dem letzten Foto zu sehen ist. Möglicherweise handelt es sich hierbei um den sichtbaren Rest eines Schiebers, der unter Schlamm begraben ist und einst den Zu- und Abfluss dieses Teiches regeln sollte.

Wie bereits erwähnt, ist das heutige Wehr an einer Stelle errichtet worden, die früher trocken lag. Zum Ausbau des neuen Flussbettes der Bode, die nun über das neuerrichtete Wehr führen sollte, kam sogar eine Kleinbahn zum Einsatz. Bei der Errichtung der Fischtreppe am Bodewehr im Jahre 2018 wurden vom Grund der Bode im Staubereich Gleisreste sowie eine komplette Lore geborgen. Das Fahrgestell der Lore ist auf den folgenden Bildern zu sehen, leider ist wieder einmal alles auf Grund von Gleichgültigkeit entsorgt worden, wie schon vielfach in Staßfurt geschehen.



Das neu errichtete Wehr war, wie schon erwähnt, ein Schützentafelwehr, welches aus mehreren, einzeln zu regulierenden Durchlässen bestand. 1902 ist in Deutschland das Walzenwehr entwickelt worden, eine Technik, bei der eine horizontale, auf- und absenkbare Walze den Wasserdurchfluss regelt. Diese ingenieurtechnische Weiterentwicklung kam zeitnah 1911 in Staßfurt zum Einsatz, denn neben dem nun schon existierenden Schützentafelwehr ist ein zusätzliches Walzenwehr erbaut worden. Dazu erweiterte man den Flussbreich auf die benötigte Breite. Das Schützentafelwehr ist 1964 durch einen Neubau, ebenfalls wieder ein aus vier einzeln zu regulierenden Tafeln, ersetzt worden. In diesem Zustand befindet sich das gesamte Bodewehr, bis auf einige wenige Sanierungsarbeiten, heute noch und steht nun unter Denkmalschutz. Auf den folgenden Fotos ist die Anlage zu sehen, der linke Teil das 1964 neu errichtete Schützentafelwehr, rechts das Walzenwehr aus dem Jahre 1911. Die letzten beiden Fotos zeigen das Walzenwehr bei extremem Niedrigwasser, sodass es nicht überströmt wird und die Walze gut zu sehen ist. Es zeigt sich aber auch, dass es deutlich unter der Walze durchflossen wird, da es nicht mehr korrekt schließt. Wurde seit Jahrhunderten die Bode in Staßfurt aufgestaut, um eine Mühle anzutreiben, hat das Wehr heute immer noch einen Zweck zu erfüllen, denn es stellt konstant eine Menge an Brauchwasser zur Verfügung, die das Staßfurter Sodawerk für seine Produktion benötigt.




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